Ist der Berater ein Handelsvertreter?

Dr. Matthias Losert, LL.M.

Rechtsanwalt

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Nach § 84 des Handelsgesetzbuches (HGB) ist Handelsvertreter, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit beauftragt ist, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen.

Um Handelsvertreter zu sein, muss die betreffende Person Geschäfte Ihres Unternehmens mit Dritten vermitteln. Das bedeutet, dass diese Person Vertragsabschlüsse fördern muss. Es genügt dabei die Mitursächlichkeit, falls sie nicht ganz nebensächlich ist. Nicht ausreichend ist hingegen das bloße Schaffen von Geschäftsbeziehungen, die Kontaktpflege und Kundenbetreuung ohne Vermittlung von Einzelgeschäften. Darunter fällt die reine Werbungstätigkeit ohne Vermittlung oder Abschluss von Geschäften, etwa die Tätigkeit eines Pharmaberaters für rezeptpflichtige Ware, ein Ärzte- oder Industriepropagandist.

Die Frage, ob der Berater als Handelsvertreter zu behandeln ist, kann also nicht mit endgültiger Sicherheit beantwortet werden. Dennoch ist mit entsprechender Argumentation davon auszugehen, dass der Berater nicht als Handelsvertreter einzustufen ist.

Es empfiehlt sich, dem Berater den Abschluss von Geschäften vertraglich zu untersagen. Weiterhin empfiehlt es sich, die zu erbringende Dienstleistung des Beraters rein in der wissenschaftlichen Beratung der Labore vertraglich festzulegen. Es empfiehlt sich zur Sicherheit auch, dem Berater nicht mit „Werbemaßnahmen“ wie der „Anpreisung“ des Produktes zu beauftragen. Der Berater erbringt nur hochqualifizierte, fachliche Beratungen und informiert allenfalls sachlich, aber dann auch zurückhaltend, über wirtschaftliche Aspekte wie den Preis des Produktes. Die Aushandlung von Rabatten etc. sollte nach Möglichkeit nicht dem Berater überlassen werden. Vertragsformulare sollten nach Möglichkeit nicht über den Berater übermittelt werden.

Wenn der Berater als Handelsvertreter einzuordnen wäre, wäre auch die Regelung des § 89b HGB auf ihn anwendbar. Dazu müsste nach § 89b I Nr. 1 HGB Ihr Unternehmen aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Berater geworben hat, auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile haben. Dem Handelsvertreter steht dann ein Anspruch auf einen angemessenen Ausgleich zu. Diese Regelung tritt erst nach Beendigung des Beratervertrages ein. Kunde im Sinne des § 89 b HGB ist, wer den Erwerbsvertrag über das von dem Handelsvertreter vertriebene Produkt mit dem Unternehmer abschließt. Ein Handelsvertreter, der als „Mann der ersten Stunde“ ein neues Produkt erstmalig am Markt vertritt, wirbt nach Ansicht des OLG Hamburg und Düsseldorf notwendigerweise Neukunden.

Wenn der Berater als Handelsvertreter einzustufen ist, kommt auch § 89b HGB zur Anwendung. Deshalb raten wir, die oben genannten Empfehlungen einzuhalten.

Nach § 89 b II HGB beträgt der Ausgleich höchstens eine nach dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre der Tätigkeit des Handelsvertreters berechnete Jahresprovision oder sonstige Jahresvergütung. Bei kürzerer Dauer des Vertragsverhältnisses ist der Durchschnitt während der Dauer der Tätigkeit maßgebend.

Der Ausgleich nach § 89 b HGB soll ein angemessenes Entgelt für die Leistungen des Handelsvertreters bei Aufbau, Reaktivierung oder Intensivierung von Geschäftsbeziehungen zu Stammkunden sein, welche der Unternehmer nach Beendigung des Handelsvertretervertrags weiter nutzen kann. Es gibt keine Möglichkeit, diesen Ausgleichsanspruch durch vorherige Zahlungen an den Handelsvertreter abzubedingen. Denn die vorherigen Zahlungen beziehen sich ja nur zur Abgeltung einer bereits erbrachten Leistung. Der Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB soll aber einen Ausgleich dafür darstellen, dass die vom Handelsvertreter erbrachte Leistung für den Unternehmer nachwirkt.

Bei der Berechnung des Höchstbetrags des Ausgleichsanspruchs sind sämtliche Vergütungsforderungen des Handelsvertreters zu berücksichtigen. Dazu zählen nicht nur Provisionen, sondern auch vom Erfolg der Tätigkeit unabhängige Zahlungen wie ein festes Gehalt.

Verbindliche, durch das Gesetz vorgegebene Regeln zur technischen Ermittlung des Ausgleichs bestehen nicht. Wegen der notwendigerweise an den Besonderheiten des Einzelfalls auszurichtenden Ermittlung des Anspruchs ist für allgemeingültige pauschale Berechnungsweisen oder festen Formeln zur Ermittlung der Höhe des Anspruchs grundsätzlich kein Raum.

Der Ausgleichsanspruch wird durch eine Prognose der nachvertraglichen Entwicklung festgestellt. Der Ausgleichsanspruch berechnet sich grundsätzlich wie folgt:

1. Zunächst wird der Prognosezeitraum festgelegt. Dieser Zeitraum betrifft die Zeitspanne, in der aufgrund der Tätigkeit des Handelsvertreters noch mit ausgleichspflichtigen Folgegeschäften oder Nachbestellungen der geworbenen Stammkunden gerechnet werden darf. Im Regelfall ist ein Zeitraum von zwei bis fünf Jahren angemessen.

2. Das gesamte Gehalt des Handelsvertreters, das er bei Fortführung des Vertrages in dem Prognosezeitraum erzielt hätte, wird zusammengezählt.

3. Von dem unter Punkt 2 errechneten Betrag wird ein Abschlag aus Billigkeitsgründen in Höhe von 10% abgezogen.

4. Von der unter Punkt 3 errechneten Summe wird der Zinsvorteil abgezogen, den der Handelsvertreter durch die Zahlung des Ausgleichsanspruchs vor der Fälligkeit der jeweiligen fiktiven prognostizierten Vergütung hat.

Es empfiehlt sich daher, bei der Bemessung der Provision oder des Gehalts des Handelsvertreters dessen Ausgleichzahlungsanspruch im Auge zu behalten und die Entlohnung entsprechend geringer zu bemessen.